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Hamburg, 18. März 2024

Nachhaltigkeit in der Mediaplanung

Ein Gespräch mit Prof. Dr. Lisa-Charlotte Wolter wie eine nachhaltige Mediaplanung aussehen kann.

Nachhaltigkeit ist in unserer Gesellschaft zu einem der zentralen Themen geworden. Das merken wir auch in der Werbung und Kommunikation von Unternehmen. Aber nun kommt eine weitere Dimension dazu, nämlich Nachhaltigkeit in der Mediastrategie und -planung. Neben ökologischen Aspekten geht es dabei insbesondere um einen verantwortungsvollen und wertebasierten Umgang mit Informationen.

Prof. Dr. Lisa-Charlotte Wolter von der Internationalen Hochschule (IU) ist Leiterin des Projekts SuMM (Sustainable Media Management), das Unternehmen und Agenturen bei der Entwicklung eines nachhaltigen Mediamodells unterstützt.

Ronja Böhlke hat mit Prof. Dr. Wolter gesprochen, um die verschiedenen Aspekte einer nachhaltigen Mediaplanung zu diskutieren.

 

Man könnte meinen, das Thema Nachhaltigkeit spielt schon lange eine Rolle in der Werbung und Kommunikation. Nun erleben wir aber nochmals eine andere Dimension, nämlich das Thema Nachhaltigkeit in der Mediastrategie bzw. -planung. Worum geht es dabei genau?

Das Thema Nachhaltigkeit in der Mediastrategie muss man tatsächlich aus zwei Perspektiven betrachten.

Zum einen haben wir die anspruchsvolleren Berichtspflichten in Bezug auf Nachhaltigkeit, die auf fast alle Unternehmen zukommen. Dies betrifft alle Unternehmensbereiche, also auch Kommunikation, Werbung und Marketing und damit einhergehende Dienstleistungen von Mediaagenturen, Vermarktern und Medienhäusern. In gewisser Weise ist es also eine Pflicht, sich mit der Thematik zu beschäftigen.

Auf der anderen Seite, eigentlich noch spannender für den Bereich Marketing und Kommunikation, ist die strategische Komponente. Wir sehen gerade (auch in den Daten) einen deutlichen Wertewandel in unserer Gesellschaft. Die Aspekte Verantwortung und Nachhaltigkeit rücken stärker in das Bewusstsein und werden auch im Konsumbereich immer wichtiger. Die Aufmerksamkeit liegt häufig noch auf nachhaltigen Konsumentscheidungsprozessen in Bereichen wie Ernährung oder Kleidung, aber zunehmend wird auch der Medienkonsum hinterfragt.

Werbetreibende Unternehmen stehen verstärkt in der Verantwortung über die Allokation ihrer Mediaspendings nachzudenken und in Zukunft, neben Kennzahlen wie beispielsweise Kosten, Reichweite und Optimierung, auch ganz bewusst wertebasierte Kennzahlen anzusetzen. Denn mit ihren Mediaetats gestalten werbetreibende Unternehmen maßgeblich auch die Zukunft unserer Medienlandschaft mit. Und hier sollten wir uns als Gesellschaft die Frage stellen, wie wichtig eine pluralistische Medienlandschaft auch für die Sicherung unserer Demokratie ist.

Eine nachhaltige Mediastrategie berücksichtigt zum einen die ökologische Dimension, sprich die Vermeidung, Reduktion und Kompensation von Emissionen verschiedener Umfelder und Werbemittel. Zum anderen geht es im Kern zunehmend um den sozialen Aspekt und eine wertebasierte Entwicklung in der Aussteuerung und Auswahl von Contentumfeldern.

 

Du hast es gerade schon angesprochen, dass viele Menschen bei Nachhaltigkeit als erstes an Begriffe wie „Klimaschutz“, „green“ oder auch „ökologisch“ denken. Welche Bereiche zahlen noch auf Nachhaltigkeit ein und was bedeutet das für nachhaltige Mediaplanung?

Wie Du schon sagst, ist Nachhaltigkeit deutlich mehr als die ökologische Säule, welche selbstverständlich im Sinne von Klimaschutz wichtig ist. Wenn wir aber an die Sustainable Development Goals der UN (SDGs) denken, dann spielen neben der ökologischen Dimension eben auch soziale und ökonomische Aspekte eine wichtige Rolle.

Das betrifft zuerst einmal die Unternehmen selbst – sprich, welche Anstrengungen werden in Bezug auf Inklusion, Diversity und ähnliche Aspekte unternommen. In Bezug auf Medien spielt die Content Dimension eine entscheidende Rolle. Je nachdem welche Inhalte „gespielt“ werden, hat das auch einen erheblichen Einfluss auf unsere Gesellschaft und ist ein relevanter Hebel in Bezug auf Nachhaltigkeit. Es geht also um einen verantwortungsvollen Umgang mit Inhalten und auch die Aussteuerung dieser Inhalte. In Bezug auf Werbekampagnen wurde dieser Aspekt bisher eher wenig berücksichtigt.

Prof. Dr Lisa-Charlotte Wolter, Professorin und Studiengangsleiterin Online Marketing an der IU Internationalen Hochschule
Foto: IU Internationale Hochschule

Ziel Deines Forschungsprojekts (SuMM) ist es, ein nachhaltiges Media Modell zu entwickeln. Wie könnte so etwas aussehen?

Tatsächlich ist das Thema Sustainable Media sehr breit. Für uns ging es erstmal darum Fragen zu klären wie: Was verbirgt sich dahinter? Was gibt es für Forschungsansätze? Welche Begriffe spielen eine Rolle? Mit der Zeit hat sich dann immer mehr der Fokus auf eine Value-based Mediaplanung herauskristallisiert.

Was für uns besonders wichtig ist, ist Klarheit bei den Begrifflichkeiten und Definitionen zu schaffen, um so mit dem Forschungsprojekt eine Messbarkeit zu gewährleisten. Im ersten Schritt haben wir wesentliche Schlüsselindikatoren in diesem Bereich identifiziert. Jetzt geht es darum, mit relevanten Stakeholdern in der Medienwertschöpfungskette zu sprechen, also Agenturen, Medienhäusern, Technologieanbietern, werbetreibenden Unternehmen und weiteren Marktakteuren.

Unser Ziel ist es, ein Konstrukt zu entwickeln, welches auch wirklich in der Praxis angewendet werden kann. Und das auch übergreifend über alle Gattungen, sodass wir beispielsweise Audio mit den sozialen Medien oder TV, aber auch konkret Umfelder miteinander vergleichen zu können.

 

Wie wichtig ist eine nachhaltige bzw. verantwortungsvolle Mediastrategie und -planung für Werbetreibende und Marken – bereits heute, morgen, übermorgen?

In unseren Interviews mit Branchenexpertinnen und -experten haben wir festgestellt, dass die Relevanz für das Thema bei allen gesehen wird.

Es gibt bereits viele Bestrebungen im Bereich der Green Media, also dass man verschiedene Umfelder nach ihren Emissionen evaluiert und dies in die Mediapläne integriert. Das Thema Verantwortung der Medienumfelder sowie auch die entsprechende Integration werden allerdings noch nicht strategisch umgesetzt. Aktuell fehlen in dem Bereich auch noch die notwendigen Tools und Standards, Prozesse in der Mediaplanung sowie eine geeignete Infrastruktur im Ökosystem der Werbeindustrie.

Ich denke, dass sich das mittel- bis langfristig ändern und mehr an Bedeutung gewinnen wird. Wer sich frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzt, kann einen Wettbewerbsvorteil erreichen UND etwas für unsere Gesellschaft tun.

 

 

 

 

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